Gosselies, Emaillefabrik, den 27. August 1914
5 Uhr wecken, Pferdepflege. Eigenartige Latrinen sind hier auf dem Werk, ohne Sitz, nur für die Füße ein eiserner Schuh, wo man sich hineinstellt. Sah solches noch nicht mehr. 10 Uhr Waffenappell. Ich half Kam[erad] Requard, Waffenunt[ero]ff[i]z[ier] etwas bei Anlegen der Listen. Der K[omman]d[eu]r ist wieder sehr ungnädig. Viel freundliche Worte hört man nie von demselben. Er will alles einsperren. Vizew[achtmeister] Erpenbeck macht hier in einer Portierbude eine kleine Arreststrafe ab. [Seite 22]
Anscheinend wird solches manch‘ anderem Kameraden noch blühen. Um ½ 1 kamen hier zwei Stück 42-cm-Geschütze durch, welche von 13 großen Zugmaschinen gezogen wurden. Alle Wagen hatten Teile der Riesengeschütze geladen. Jede Maschine zog zwei bis drei Wagen. Die Straßen sind furchtbar gesunken und die Pflastersteine von dem Gewicht entzwei. Eine Karte nach Hause. Vormittags Regen; 3 ¼ Abmarsch. Ein Bergwerk reiht sich hier ans andere, alles dicht bevölkert. Die Städte sind eine in die andere verbaut; man sieht keine Lücke. Leute alle sehr anständig. Hier in der Nähe ist am 24. eine größere Schlacht gewesen. Unsere 22. Artillerie soll furchtbare Verluste gehabt haben. Fast alles Kopfschüsse. Mehrere große Massengräber. Gegen Abend wurde in einer Farm entladen. Das Entladen dauerte sehr lange, da nur einzelne Wagen entladen konnten; die zwei Kol[onnen] entluden von ½ 9 abends bis nachts ½ 3. Ich quartierte mich während der Zeit mit den Offizierspferden im Dorf in einem Zementlager ein. Nach dem Entladen gab es warmes Essen. Wenig Hunger, da zu müde. Dann verbarrikadieren wir den Stall und kriechen ins Stroh. Auch die anderen Fahrer und Unt[ero]ff[i]z[iere] suchen sich noch eine Unterkunft so gut es eben geht. Parole heute: ‚Detmold‘.
Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.