Tagebuch Hermann Bornemann, 28.8.1914

Ortsunterkunft bei Gosselies, den 28. August 1914

5 Uhr auf. Mein Magen ist nicht ganz in Ordnung; Erkältung, habe diese Nacht tüchtig gefroren. Nachdem Kaffee getrunken, ist ½ 8 Abmarsch. Auch hier noch viel Industrie, große Schutthalden. Die Frauen grüßen an, indem sie die Hand an den [Seite 23] Kopf legen. Kamen durch die Stadt Binche, 50.000 Einwohner. Lagen dann einige Stunden in einer Vorstadt. Das Fußart[illerie]-R[e]g[imen]t  7 und 4 marschierten an uns vorbei mit riesigen Geschützen und endlosen Mun[itions]-Kol[onnen].  Einige Leute von uns hatten in einer verlassenen Wirtschaft eine große Spieluhr entdeckt. Diese mußte nun herhalten. Nach zwei Stunden Rast ging es weiter an zwei Feldlazaretten vorbei. Alles voller Verwundete, auch Franzosen und Belgier. ½ 7 ins Biwack auf einem Roggenacker. Hier liegen 4 Kol[onnen], 210 Fuhrwerke und 580 Pferde. Riesiger Wagenpark. 5 km von hier sind die Regimenter 15 und 55 überfallen. Viel Tote und Verwundeten. Etliche liegen hier im Feldlazarett. Das Dorf ist daraufhin total zerstört. Die Frauen und Kinde kamen uns mit wenigen Sachen entgegen, kollosal verängstigt.  Auch liegen hier 50 franz[ösische] Gefangene und 16 Leichenfledderer, welche zum Teil aus hiesigem Orte sind. Da nun befürchtet wird, daß diese in der Nacht befreit werden sollen, muß verschärfte Wache gestellt werden. Dann gings in die Wagen, nachdem noch viele liebe Heimatslieder am Feuer gesungen waren. Es regnet und ist kalt. Parole: ‚Düsseldorf‘.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.