Feldpost von Soldat Gustav Meyer an Pfarrer Münter in Werther, 25.3.1915

Feldpostbrief

Im Felde d. 25.3.15

Hoch geehrter Herr Pfarrer [Münter]

Für Ihren lieben Brief mit den Einlagen sage ich hiermit meinen besten Dank. Leider merkt man hier im Kriege nichts von der stillen herzlichen Passionszeit, die meines Erachtens die schönste Zeit in der Kirchengeschichte ist, wo jeder fromme Christ mit den Gedanken im ganzen umgeht und sich sagt: Dieses ist die Zeit wo dein Jesus Christus anfing für dich zu leiden: Und so danke euch ich jetzt während des Krieges! Herr Pfarrer, Sie haben ja auch von den Siegen in Ost und West viel gehört, auch haben unsere Offiziere und Mannschaften viel geleistet eben wie durch Gottes Hilfe sind wir zu dem gekommen was wir bis jetzt geleistet haben. Unsere in der lieben Heimat stützen sich ja auch auf unser großes Heer, es hat so ja auch was geleistet eben wie durch Gotteshilfe welche ich selber auch schon gemerkt habe und von mir sagen kann. Zu unserm Herrgott wollen wir danken für die vielen Siege der nicht will, daß unser deutsches Vaterland vom nichtswürdigen Feinde unterjocht werden soll. Wie gerne möchte ich mal wieder bei Euch meinen Dankgottesdienst bei machen, aber  es ist mir nun noch nicht vergönnt. Hoffendlich (sic!) sehe ich gesund die Heimat wieder, dann werde ich nicht versäumen Gott für alles zu danken, für die Siege, so wie das er auch mich vor Not, Krankheit und für (sic!) die Feinde im Hinterhalt beschützt hat. Wir alle wollen hoffen, Herr Pfarrer, daß  uns unser lieber Herrgott recht bald einen recht langen langen Frieden gibt und weiter mit unseren deutschen Waffen ist wie bisher so daß der Sieg auch weiter unser bliebt. Für die zugesandten Blätter nochmals besten Dank. In dem ich Ihnen alles gute Wünsche und hoffe, daß Sie dieser Brief bei der besten Gesundheit antreffe, so wie er mich verläßt bin ich mit aller Ergebenheit

Ihr
Gustav Meyer

fröhliche Ostern

(Raphael Hennecke, Bielefeld)

Signatur: LkA EKvW 4.81 Nr. 501

Feldpost von Gemeindegliedern der Kirchengemeinde Werther an Pfarrer Münter

Werther_4.81_501

Feldpost von Gemeindegliedern der Kirchengemeinde Werther an Pfarrer Albert Münter (1859-1941), Collage, 1914-1918

Przechody, den 25. März 1915.
Sehr geehrter Herr Pastor! Vor kurzem erhielt ich
wieder Ihre schönen Schriften, die ich mit großem
Interesse gelesen habe, und für die ich Ihnen herzlichst
danke. Soviel wie möglich lasse ich die Blätter
in der Kompanie herumgehen. Aber ach, wie
viele brave Männer aus der lieben Heimatgemein-
de starben! Der liebe Gott gebe uns bald einen
ehrenvollen Frieden!
Ihnen und Ihrer lieben Familie
die herzlichsten Grüße von Ihrem
E. Meyer zum Gottesberge

Signatur: LkA EKvW 4.81 Nr. 501

Der Herforder „Seeheld“ Otto Weddigen (1882-1915)

KAH F Otto Weddigen

Otto Weddigen in Uniform 1914

Der am 15. September 1882 geborene Herforder Fabrikantensohn Otto Weddigen wird zum ersten Herforder „Helden“ des Ersten Weltkriegs. Am 22. September 1914 versenkte er als Kommandant des U-Bootes U 9 nördlich von Hoek van Holland innerhalb von 75 Minuten die drei britischen Panzerkreuzer Aboukir, Hogue und Cressy. Etwa 1500 britische Marinesoldaten starben, 800 wurden von einem britischen Fischerboot und niederländischen Passagierdampfern gerettet.

SM_U9_Postcard

Englische Ansichtskarte der Versenkung der englischen Kreuzer

Das U 9 kehrte ohne Verluste nach Helgoland zurück. Diese Aktion Weddigens etablierte die U-Boot-Flotte als wichtiges Mittel der Kriegsführung im Ersten Weltkrieg.

KAH F Otto Weddigen U 29 vor Versenkung

Das U-Boot U 29 kurz vor der Versenkung 1915

Unterseeboot „U 29“ Kommandant K[a]p[i]t[än]l[eunan]t Otto Weddigen,
torpediert an der Südostspitze Englands, nahe den Scilly Inseln
den englischen, mit Kupfer beladenen Transportdampfer „Headlands“

Aufgenommen am 12.3.1915 v[on] d[em] Kapitän der „Headlands“.

Otto Weddigen wurde im deutschen Kaiserreich als Kriegsheld gefeiert, erst Manfred von Richthofen erreichte später ähnliche Berühmtheit. Die Stadt Herford ernannte ihn am 9. Oktober 1914 zum Ehrenbürger. Sein früher Tod am 18. März 1915, er starb als Kommandant des U-Bootes U 29 zusammen mit seiner gesamten Mannschaft beim Untergang, steigerte die Verehrung weiter. Am 18. April 1915 fand in Herford die Gedächtnisfeier für Otto Weddigen statt. In der Weimarer Republik, gesteigert erneut in der NS-Zeit, aber auch nach 1945 blieb er im Gedächtnis.

An den Ehrenbürger Herfords erinnerte seit 1915 das Otto-Weddigen-Ufer an der Werre, das aufgrund der Vorgaben der britischen Militärregierung 1947 zum Andenken an den Kaufmann Eduard Arnold Weddigen offiziell in Weddigenufer umbenannt wurde, sein Grabmal auf dem Friedhof Hermannstraße, eine Gedenktafel an seinem Geburtshaus und die Bezeichnung H2O (Herfords zweites Otto) für ein Spaßbad, das an gleicher Stelle wie das 1934 erbaute Herford Otto-Weddigen-Bad errichtet wurde. 1960 und 1916 wurden Reste der torpedierten Schiffe bei Tauchgängen gesichert und geborgen.

KAH F Bergungsgut Cressy

Bergungsgut des 1914 von Weddigen versenkten britischen Kreuzers Cressy 1960/61

In den 1980er Jahren war das Gedenken in Herford – u. a. der „Marinekameradschaft Otto Weddigen“ – sehr umstritten, in der Dissertation von René Schilling, „Kriegshelden“. Deutungsmuster heroischer Männlichkeit in Deutschland 1813-1945, Paderborn 2002 wurde die Diskussion um den Helden nochmals ausführlich dargestellt. Eine große Präsenz hat Weddigen im Alltag nicht mehr. Seit kurzem beschäftigt sich ein niederländischer Forscher mit dem Geschehen und lädt zum Tag der „Heldentat“ die Nachkommen Weddigens und seiner Opfer aus England zu einem Treffen ein (vgl. www.livebaitsqn-soc.info, Stand 18.6.2014).

KAH F Bergung Aboukir 1960 61

Bergung von Resten des 1914 von Weddigen versenkten britischen Kreuzers Aboukir 1960/61

(Christoph Laue, Stadtarchiv Herford)

Signatur: Kommunalarchiv Herford, Fotosammlung Städt. Museum Herford (Weddigen)