Feldpost des Theologiestudenten Alfred Heinisch aus dem Schützengraben, 1916

Feldpostbrief von Musketier Alfred Heinisch,
Infanterie-Regiment 13, 12. Kompanie, 13. Infanterie-Division, mit Stempel vom 28.7. 1916

Lieber Herr Pastor Jaeger, liebe Frau Pastor!

Vielen herzlichen Dank für Ihre lieben, frdl. Zeilen und das Paketchen mit Keks und div. Schriftchen. Es war mir eine große Freude, denn ich erhielt es in Stellung, 100 m vom Feinde. Heute morgen sind wir für einige Tage in Ruhe gekommen. Es war eitel Freude, als wir die Granatenfelder hinter uns hatten und keine Granaten mehr angeheult kamen. Einer spielte Mundharmonika, dann wurde gesungen und gescherzt. Wir sind diesmal sehr gut davongekommen, nur 2 Verwundete in der Kompagnie; der eine ist allerdings schon gestorben. Eine Gewehrgranate hat ihm den Fuß abgerissen. „Meine arme Frau und Kinder“, rief er noch, dann war er still. Es ist traurig u. die Furchtbarkeit all dieser Dinge kommt einem bloß nicht so zu Bewußtsein, weil man gar nichts anderes mehr erlebt als dies und sich daran gewöhnt hat. Wann wird der Herr diesen großen Druck von den Herzen nehmen? Wir haben alle gelernt hier draußen in der Not des Schützengrabens, auch ich, der Krieg war ein guter Lehrmeister. Dem Herrn sei Dank für alles.

Im Herrn Jesu grüßt Sie alle herzlich
Ihr Alfred Heinisch

Alfred Heinisch, geboren am 27.9.1893, war im Sommersemester 1914 Student an der Theologischen Schule Bethel. Pastor Samuel Jaeger war Rektor der späteren Kirchlichen Hochschule.

Quelle: LkA EKvW Bestand 13.99 (Kirchliche Hochschule Bethel), Nr. 1250/2

Theologiestudent Alfred Heinisch vor dem Ausrücken, 1915

Detmold, den 1. Sept. 15

Hochverehrter Herr Pastor Jaeger!
Hochverehrte Frau Pastor!

Herzlichen Dank für die freundliche Karte vom 12.8. Ich fand sie in meinem Quartier vor, als ich von meinem 3 tägigen Heimaturlaub zurückkehrte. Daß es mir vergönnt war, vor dem Ausmarsche noch einmal mit meinen Eltern zusammen zu sein, danke ich Gott; denn die Tage waren durch die liebevolle Sorge meiner Eltern für mich eine wahre Erholung von dem rauhen Soldatenleben, für das man letzten Endes eben doch nicht eingerichtet ist, wenn es für eine Zeit lang auch ganz schön ist. Wie mögen sich die Kameraden draußen nach der Heimat sehnen! Aber „bei den Preußen“ kommt nicht einmal der Gedanke eines Widerstandes gegen Vorschrift und Dienstbefehl auf. Man tut alles, ohne zu überlegen – und ist dabei im Ganzen recht fröhlich. – Nächsten Sonntag kommen wir auf 8 Tage nach der Senne bei Paderborn, um in größeren Truppenverbänden zu üben. Nach der Rückkehr werden wir wohl gleich von Detmold ausrücken. Hoffentlich kann ich dann vorher noch einmal nach Bethel kommen. – Die lutherische Gemeinde in Detmold hat zwei tüchtige Pastoren, ich glaube, sie heißen P. Jahr und P. Scheumann. Vor allem der letztere macht mir, seinen Predigten nach zu schließen, den Eindruck eines tiefgläubigen und ernsten Christen, der wirklich vom Heiland berührt ist. Es war mir immer mein Sonntagsvergnügen während der Ausbildungszeit, ihn zu hören. Abgesehen von einem Bethelbruder, Bruder Schorrmann aus Gilgal, stehe ich ganz allein; die Kameraden meist recht gute Jungens, die Vorgesetzten auch gut, aber von Gott wissen sie gar nichts. –
In Dankbarkeit bleibt Ihnen verbunden

Ihr
Alfred Heinisch

Alfred Heinisch, geboren am 27.9.1893, war im Sommersemester 1914 Student an der Theologischen Schule Bethel. Pastor Samuel Jaeger war Rektor der späteren Kirchlichen Hochschule.

Quelle: LkA EKvW Bestand 13.99 (Kirchliche Hochschule Bethel), Nr. 1250/2