Das Kirchengebet entsprechend den veränderten politischen Verhältnissen gestalten, November 1918

1918112

Rundschreiben des Fürstlich Lippischen Konsistoriums

Fürstlich Lippisches Konsistorium

Detmold, den 12. November 1918      Eingeg[angen:] 16.11.18

Nr. 2975

Detmold, den 12. November 1918

Nachdem, wie den Herren anderweitig bekannt geworden sein wird, seine Majestät der Kaiser und seine Hochfürstliche Durchlaucht der Fürst dem Throne entsagt haben, ersuchen wir bis auf weiteres, das allgemeine Kirchengebet den veränderten politischen Verhältnissen entsprechend zu gestalten.

Pustkuchen

An
die Herren reformierten
und lutherischen Pfarrer

Signatur: Archiv der ev.-ref. Kirchengemeinde St. Johann Lemgo, Nr. 115

Ansprache des Kommandeurs zum Abschied aus Lemgo, 1918

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Maschinenschriftliche Abschrift eines Zeitungsartikels, erschienen am 02.01.1918 in der Lippischen Post

Die Hoffnung, eine Garnison dauerhaft in Lemgo zu behalten, bestand lange. In der Stadtverordnetenversammlung vom 16. Juni 1915 stellte der Stadtverordnetenvorsteher den Antrag, der Magistrat solle über diese Frage mit dem Preußischen Kriegsministerium verhandeln. Das Ergebnis muss jedoch negativ gewesen sein, denn am 23. November 1917 teilte Bürgermeister Franz Möller den Stadtverordneten mit, dass das Bataillon aufgelöst werden würde. Seine Bemühungen um den Erhalt des Garnisonsstandortes seien vergeblich gewesen.

Über die Abschiedsfeier und die dabei gehaltenen Reden ist eine Abschrift aus den 1940er Jahren erhalten. Der ursprüngliche Zeitungsartikel erschien am 2. Januar 1918 in der Lippischen Post. Der Kommandeur ging dabei auf die Rekrutenausbildung und die besonders guten Beziehungen zur Stadt und ihren Bürgern ein.

Signatur: Stadtarchiv Lemgo S 462

Einweihung des Gedenksteines für das 2. Ersatzbataillon des IR 67 (1917/18)

Denkmal

Einweihung des Gedenksteines für das 2. Ersatzbataillon des Infanterieregiments IR 67, Lemgo ca. 1917/18, Fotograf unbekannt

Zum Abschied wurde ein Denkmal in Erinnerung an das Bataillon in Lemgo aufgestellt. Das Denkmal bestand aus vier Findlingsblöcken, die vom ehemaligen Exerzierplatz des Biesterberges heruntergebracht worden sein sollen. In einem der Findlinge ist das Eisenkreuz und darin die Nummer des Bataillons eingetragen.

Signatur: Stadtarchiv Lemgo, Bestandsgruppe Sammlungen Bild und AV-Medien

Soldaten des 2. Ersatzbataillons des Infanterieregiments 67 bei der Feldarbeit (1916)

Soldaten

Soldaten des 2. Ersatzbataillons des Infanterieregiments IR 67 bei der Feldarbeit im Lemgo (1916), Fotograf unbekannt

Das Bataillon im Lemgo pachtete etwa 22 Hektar Ackerland an, das von den Soldaten in Eigenregie bewirtschaftet wurde.

Signatur: Stadtarchiv Lemgo, Fotosammlung Bartelsmeier

Aus dem Tagebuch von Hedwig Stegemann, Herford, 5.8.1915

Herrliche Wochen liegen hinter mir. Wie im vorigen, so hatten wir auch in diesem Juli Monatskarten nach Salzuflen. Im vergangenen Jahre war es schön, aber dieses Mal noch viel schöner. Da in Salzuflen auch Militär und zwar die 67er liegen, war der Kurpark immer voller Soldaten. Feine Kerls darunter. In den ersten Wochen war ich meistens allein, am letzten Sonntag lernte ich ein Fräulein Käte Plaitrich aus Berlin kennen. Sehr nettes und feines Mädchen. So schnell, wie mit ihr, habe ich wohl noch mit niemanden Freundschaft geschlossen. Das hatte auch seine Gründe.
Wir beiden haben nämlich desselben Geschmack: Ein schöner Leutnant mit verbundenem Kopf, da ihm im Kriege das linke Auge ausgeschossen ist. Zum ersten Mal sah ich ihn, als wir mit Logmann’s an einem Sonntag in Salzuflen waren. Dann, als ich mit Anna E. und Frau Ramm da war, saß er mir gegenüber. Als wir Monatskarten hatten, war er in denn ersten Tagen nicht da, dann kam er mal ab und zu des Nachmittags. Einmal traf ich ihn abends auf dem Bahnsteig und dachte natürlich, er wäre abgereist, erfuhr dann aber, daß er jeden Abend nach Lemgo fährt. Eine Zeit lang war er immer ganz allein, auf seinem Gesichte war eine ganze Leidensgeschichte, er tat mir daher entsetzlich leid. Jetzt erschien er meistens um 6 Uhr mit dem Zuge, spazierte erst einige Mal durch den Kurpark und setzte sich dann auf seinen Platz vorn auf die Terrasse. Nach der Pause ging er dann ganz langsam herum. Käthi und ich haben ihn das erste Mal zum lachen gebracht, als er mit zwei anderen Damen da war, die aber ungefährlich scheinen. Ich hatte vorher schon mal gedacht, er könnte überhaupt nicht lachen.

Am Sonntag den 1. August [1915] war ich, trotzdem unsere Monatskarte abgelaufen war, doch in Salzuflen. Als ich mit Frau Ramm und deren Bruder die Promenade herunterging, sah ich, daß auch Meyerings mit ihrem Sohn da waren. Der Leutnant Meyering war mir schon vom vorigen Winter vom Waldfrieden her bekannt und interessant. Schneidiger Kerl, wohl der schneidigste Offizier, den ich je gesehen habe. Jetzt war er sehr schwer verwundet gewesen, anfangs sogar hoffnungslos, humpelte daher noch ziemlich stark. Dieser verlorene Sohn, wie wir ihn getauft haben, gesellte sich nun zu unserem verbundenen Leutnant, dem wir allmählich den schönen Namen Bubi gegeben haben. Als wir die Promenade herunter gingen, saßen die beiden einträchtig auf einer Bank, Meyering redete immer auf Bubi ein. Ob die sich wohl schon immer gekannt haben! Sonst ist der verlorene Sohn 50% in meiner Achtung gestiegen, dadurch, daß er den armen verbitterten E. angeredet und aufgeheitert hat.
Nun haben wir mit den beiden noch kolossal viel Spaß gehabt. Trafen wir den alten Meyering ohne Sohn, so bogen wir schleunigst aus, damit er nicht grüßte, und der Sohn, wenn er nachher bei ihm war, mit grüßen musste. Eine Dame, die bei Meyerings zu Besuch ist, haben wir kurz und Bündig die Schwiegertochter getauft, trotzdem sie ziemlich ungefährlich scheint.

Doch unsere beiden Leutnants haben noch andere Verehrerinnen gefunden: Geschwister Pape und die beiden sogenannten Gespenster. Mit der Schwester der letzteren, einem Zopfmädel hatte M. mal auf der Bank Bekanntschaft geschlossen, und da laufen eines Tages alle vier im Abstand von drei Schritten hinter den beiden mit der Kleinen her. Aber der Bubi und auch M. wollten mit denen nichts zu tun haben. Das haben sie uns besonders deutlich abends auf dem Bahnhof gezeigt. E. schien den Zug nach Lemgo verpasst zu haben, als er nun mit M. auf dem Bahnsteig erschien, wurden sie gleich von den Gespenstern und s[o] w[eiter] umringt. Nachher wollte Bubi zu Anna und mir ins Abteil steigen, aber leider war es schon besetzt.

Quelle: Das Tagebuch der Hedwig Stegemann aus Herford im Ersten Weltkrieg (1.1.1914-10.5.1918)

Signatur: Kommunalarchiv Herford, Stadtarchiv Herford, Slg. E 521 (Transkription C. Laue)