Ludendorff-Spende für Kriegsbeschädigte, 1918

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Im April 1918 endete in Bielefeld eine vierwöchige Spendensammlung für die Kriegsbeschädigten, die nach General Erich Ludendorff (1865-1937) benannt war. Aus Bielefeld wurden der Stiftung Heimatdank schließlich 24.000 Mark überwiesen, die Honoratioren und Unternehmer, aber auch Arbeiter und Angestellte sowie Schulen gesammelt hatten.

Maße: 30 x 43,5 cm

(Dr. Jochen Rath, Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld)

Signatur: Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,9/Plakate, Nr. 3099

Theologiestudent Alfred Heinisch schreibt Pastor Jaeger (Bethel)

Dörenkamp bei Paderborn, 10. Nov. [1917 ?]

Lieber Herr Pastor Jaeger!

Zu meiner großen Freude erfahre ich von der hohen Ehrung, die Ihnen zuteil geworden ist [Verleihung der Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Halle/Saale] und beeile mich, Ihnen meinen tiefgefühlten und herzlichen Glückwunsch darzubringen. Gern gedenke ich noch des Sommers 1914, da ich zu Ihren Füßen eingeführt wurde in die Bücher Mose, im Saale der Sozialen Schule, Stunden, die mir dann draußen im Felde und dann im Lazarett das Eindringen in das Wort erleichterten. Wie gern würde ich nochmals bei Ihnen lernen.
Aber es kam der Krieg, der uns nach jener schönen Abschiedsstunde in den letzten Julitagen 1914 auseinanderjagte. Wie viele von den lieben Kameraden sind nicht mehr. Auch mich hat Gott manch schwere Wege geführt, aber es waren Wunderwege und Gnadenwege.
Jesaja 38:16 kann ich auch bezeugen in Bezug auf die schrecklichen Tage an der Somme. Ich glaube, man zehrt und lebt von diesen Eindrücken zeit seines Lebens.
Herzlichen Dank für Ihre frdl. Karte und Einladung! Leider ist noch immer Urlaubssperre. Ich denke jede Woche ein paar Mal daran, ob es sich nicht doch ermöglichen ließe, nach B[ielefeld] zu fahren. Auch braucht mich Herr Superintendent Klingender sehr oft. Es ist mir eine herzliche Freude, ihm zu helfen. Heute Morgen habe ich im Sennelagerlazarett Gottesdienst gehalten. Heute Nachmittag habe ich in dem so ganz katholischen Paderborn zum ersten Male – ein Bibelkränzchen gehalten. Es waren 15 Gymnasiasten da. Wie herrlich ist das! Hoffentlich kann ich doch bald mal rüberfahren nach Bielefeld.
Mit herzlichem Gruß, auch an Ihre Frau Gemahlin und die lieben Kinder

Ihr getreuer Alfred Heinisch.

Alfred Heinisch, geboren am 27.9.1893, war im Sommersemester 1914 Student an der Theologischen Schule Bethel. Pastor Samuel Jaeger war Rektor der späteren Kirchlichen Hochschule.

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Quelle: LkA EKvW Bestand 13.99 (Kirchliche Hochschule Bethel), Nr. 1250/2 und Nr. 1281 (Zeitungsberichte Jaeger)

Aus der „Kriegschronik“ des Rettungshauses Schildesche, 31.10.1917

Im Oktober [1917] feierten wir das 400-jährige Jubiläum der Reformation. In den Morgenandachten wurde fortlaufend Luthers Leben behandelt. Am Morgen des 31. Oktober fand im Betsaal eine Feier mit Gesängen und Deklamationen statt; die Ansprache behandelte das Heldenhafte in Luthers Persönlichkeit, das uns in der gegenwärtigen Kriegszeit besonders viel lehren könne.

Dann zog die ganze Anstaltsgemeinde zum Johanneshof, an dessen Ostseite eine Luthereiche gepflanzt wurde. Hernach beteiligten sich die Präparanden und die beiden ersten Schulklassen an dem Jugendfestgottesdienst in der Kirche zu Schildesche, wo u.a. die Präparanden vierstimmig den 2. und 3. Vers des Lutherliedes sangen und Pastor Neuhaus die Festansprache hielt. […]

Quelle: Aus der „Kriegschronik“ des Rettungshauses Schildesche, von Anstaltsleiter Pastor Paul Bellingrodt (1875-1951)

Signatur: Archiv des Ev. Johanneswerks, Re/Schild – 5

Aus der „Kriegschronik“ des Rettungshauses Schildesche, 20.6.1917

Am 20. Juni 1917 wurde auch unser erster Lehrer, Herr Weißenbach, zum Heer einberufen. Wie schon vor mehr als Jahresfrist die Frau unseres Hausvaters Akolk, so übernahm nun auch Frau Lehrer Rüter eine Anzahl Stunden in unserer Rettungshausschule. […]

Quelle: Aus der „Kriegschronik“ des Rettungshauses Schildesche, von Anstaltsleiter Pastor Paul Bellingrodt (1875-1951)

Signatur: Archiv des Ev. Johanneswerks, Re/Schild – 5

Aus der „Kriegschronik“ des Rettungshauses Schildesche, März 1917

Unterm 5. März 1917 schrieb uns das Königl. Provinzialschulkollegium als Antwort auf ein am 1.12.1916 an den Minister gerichteten Eingabe:
„Der Herr Minister hat mit Rücksicht auf die schwierigen Verhältnisse der Kriegszeit zunächst für dieses Jahr genehmigt, dass an der dortigen Anstalt unter dem Vorsitz unseres Kommissars eine Entlassungsprüfung abgehalten wird.“

Damit ist, hoffentlich nicht nur für ein Jahr ein Ziel erreicht, um das mehrfach, bisher stets ohne Erfolg, gerungen wurde. […]

Quelle: Aus der „Kriegschronik“ des Rettungshauses Schildesche, von Anstaltsleiter Pastor Paul Bellingrodt (1875-1951)

Signatur: Archiv des Ev. Johanneswerks, Re/Schild – 5

Mitteilung über den Tod des Kandidaten der Theologie, Musketier Karl Edeler, 1915

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Todesanzeige vom 14. November 1916. Karl Edeler starb bereits am 8. März 1915.

 

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Schreiben von Rektor Ernst Edeler an die Theologische Schule Bethel zum Ableben seines Sohnes Karl Edeler (LkA EKvW 13.99 Nr. 896/8)

Bielefeld, den 15.11.1916

Hochgeehrter Herr Pastor!
Was wir lange gefürchtet, das wird uns jetzt als schmerzliche Tatsache bestätigt: Unser Sohn Karl Edeler, den Sie im Sommersemester 1910 und im Wintersemester 1913/14 zu Ihren dankbaren Hörern zählten, hat im Dienste des Vaterlandes sein junges Leben gelassen. Nach Aussage eines Kriegsgefangenen in Frankreich ist er am 8. März 1915, als die Franzosen in der Winterschlacht in der Champagne mit Gewalt den vordersten Graben angriffen, durch Bajonettstiche in die Brust schwer verwundet worden und nach Überführung in das franz[ösische] Feldlazarett in Gegenwart jenes Deutschen verstorben.
In dankbarer Erinnerung an den Segen, den der Heimgegangene in der Theolog[ischen] Schule genossen hat, und dessen er sich stets bewußt war, übersenden wir Ihnen für Ihre Anstalt 100 M[ark]* mit dem herzlichen Wunsche, daß es ihr vergönnt sein möge, recht bald im Frieden neue Scharen von jungen Arbeitern im Weinberge des Herrn heranzubilden.

Mit hochachtungsvollem Gruße
Rektor Edeler u[nd] Frau.

* Ich bitte, unsern Namen nicht zu veröffentlichen.

Karl Edeler wurde am 7. Mai 1891 in Halle / Westf. geboren. Er legte Ostern 1910 die Reifeprüfung am Gymnasium Bielefeld ab. Anschließend studierte er in Bethel, Leipzig, Tübingen und Kiel Evangelische Theologie.

Sein Vater Ernst Edeler war seit 1894 Rektor der evangelischen Volksschule in Schildesche, seit 1907 dann Leiter der 3. Bürgerschule in Bielefeld, bevor er 1908 an die Knaben-Mittelschule berufen wurde.

(Eva-Maria Hartmann, Bielefeld)

Signatur: LkA EKvW 13.99 Nr. 896/8

Der Soldat und Flieger Rudolf Kisker (1889-1916) aus Bielefeld

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Rudolf Kisker (1889-1916), Foto ca. 1913, Privatarchiv Familie Kisker, Nr. 7

Rudolf Kisker wurde am 9.11. 1889 in Bielefeld als zweitältestes Kind des Webereifabrikanten Georg Kisker und seiner Frau Marie geboren. Im Jahr 1896 wurde er in die Vorschule zum Gymnasium und Realgymnasium in Bielefeld aufgenommen, die er bis 1899 besuchte. Nach bestandener Aufnahmeprüfung für die Sexta der weiterführenden Schule ging er bis zum Herbst 1900 auf das Gymnasium und Realgymnasium seiner Heimatstadt. Georg Kisker zufolge war sein Sohn ein „schwieriger, bockiger Junge, aber ehrlich, furchtlos und treu“ (Fi. AWK, 334). Dementsprechend schwer tat sich Rudolf Kisker mit der Schule.

Zur besseren Förderung schickten ihn seine Eltern deshalb nach Godesberg auf das evangelische Pädagogium, wo er in die Sexta aufgenommen wurde. 1906 bestand er dort die Prüfung zum Einjährig-Freiwilligendienst und kehrte anschließend – im Alter von 16 Jahren – nach Bielefeld zurück. Hier besuchte er die Obersekunda und Unterprima der städtischen Oberrealschule zu Bielefeld, wurde jedoch in der Unterprima nicht versetzt. Sein Vater gab daraufhin seiner Bitte nach, die Schule verlassen zu dürfen. Seine nächste Station war die Deutsche Kolonialschule in Witzenhausen, denn er strebte eine Kolonialtätigkeit als Farmer oder Pflanzer in Südwest-Afrika an. Nachdem er ein Praktikantenjahr absolviert hatte musste er die Kolonialschule jedoch aufgrund eines Schulverweises wieder verlassen.

Kiskers beruflichen Pläne richteten sich nun darauf, Landwirt in Deutschland zu werden. In den folgenden Jahren widmete er sich erfolgreich seiner landwirtschaftlichen Ausbildung in Theorie und Praxis und leistete zudem seine einjährige Dienstzeit und erste Übungen bei den Jägern zu Pferde in Erfurt ab. Nachdem er einige Monate die Landwirtschaftliche Hochschule in Berlin besucht hatte, erreichte ihn dort Ende Juli 1914 der Einberufungsbefehl: Der Erste Weltkrieg hatte begonnen.

Rudolf Kisker wurde zum Kürassier-Regiment von Driesen nach Münster beordert, mit dem er sofort nach der Mobilmachung als Vizewachtmeister bei der Bagage, die für das Gepäck zuständig war, in Belgien einrückte. Er war beim Vormarsch des rechten Flügels bis kurz vor Paris und dem anschließenden Rückzug nach Norden dabei. Er erhielt dann ein Kommando bei einem Infanterie-Regiment, das in Polen gegen die Russen kämpfte. Hier erkrankte er nach nur wenigen Tagen an einer schweren Bronchitis und wurde in ein heimatliches Lazarett geschickt. Wieder zurück bei den Erfurter Jägern, wurde er Ausbildungsoffizier bei der Ersatzschwadron.

Seine Pläne richteten sich in der Folgezeit darauf, Flieger zu werden, was ihm auch gelang: Zur Fliegertruppe versetzt und in Leipzig ausgebildet, wurde er im Oktober 1915 an die Front nach Belgien befohlen, wo er vor allem im Fliegerlager von Menin bei Courtrai als Aufklärungsflieger tätig war. Nur wenige Wochen nach einem Heimaturlaub in Bielefeld wurde Rudolf Kiskers Flugzeug am 29. Juli 1916 im Luftkampf durch ein englisches Geschwader über Zandvorde bei Ypern abgeschossen. Mit ihm starb sein Beobachter Leutnant vom Holtz. Nach der Überführung der Leichen wurde Rudolf Kisker am 4. August 1916 auf dem Bielefelder Sennefriedhof beigesetzt.

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Der Grabstein Rudolf Kiskers auf dem Sennefriedhof (Foto: E.-M. Hartmann)

(Eva-Maria Hartmann, Privatarchiv Familie Kisker, Bielefeld)

Foto: Rudolf Kisker in Uniform mit Pickelhaube, aufgenommen 1913 (oder 1914) in Erfurt bei den Jägern zu Pferde (in Erfurt: Ableistung der einjährigen Dienstzeit und erster Übungen)

Signatur: Privatarchiv Familie Kisker, Nr. 7 (Foto); Firmenarchiv A.W. Kisker, Nr. 334

Aufruf „Sammelt die Obstkerne“

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„Sammelt die Obstkerne und schickt sie durch Eure Kinder in die Schule oder an die nächste Sammelstelle!“
Farbiges Plakat des Kriegsausschusses für Öle und Fette mit Aufruf zum Sammeln von Obstkernen. Der „Kriegsausschuß für Öle und Fette“ wurde im Januar 1915 gegründet und als eine einheitliche Stelle mit der Beschaffung von Ölen und Fetten für alle Industriezweige beauftragt.

Plakat: Julius Gipkens (1883-1968), ca. 1916

Lit.: Anna Roehrkohl: Hungerblockade und Heimatfront. Die kommunale Lebensmittelversorgung in Westfalen während des Ersten Weltkrieges, Stuttgart 1991.

Signatur: LkA EKvW 4.256 Nr. 415

Aus dem Kriegstagebuch von Pfarrer Hartmann (Rödinghausen), 4.5.1915

In der Frühe mit dem Omnibus nach Bielefeld. Auf der Bahn laufen die tollsten Zahlen des gestrigen Sieges um. Es werden genaue Zahlen genannt. 110.000 Gefangene 250.000 Pferde 25 Lazarettzüge. Das ist die Folge davon, wenn ein großer Sieg verkündigt ist, aber nichts näheres. Die Gefangenen schrumpfen auf 20.000 ja 8.000 zusammen. Immerhin taktisch scheints ein großer Sieg zu sein. Überall Fahnen heraus, Schulen haben siegfrei.

Aus dem Kriegstagebuch von Pfarrer Ernst Hartmann, Kirchengemeinde Rödinghausen, S. 49/04.05.1915

Signatur: LkA EKvW Best. 4.31 Abt. B HS 2 (Quelle); LkA EKvW W 15193 (Transkription)

Wirtschaftsförderung im Krieg – Militär als Standortvorteil, 23.9.1914

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Transkription:

Schulvorstand in Lemgo

Schreiben, anderweitige Verwendung der Knabenschule an der Echternstraße betreffend

Abschrift für die Akten

Lemgo, den 23. September 1914

Die Fürstliche Regierung hat vor kurzem die Anfrage an den hiesigen Magistrat gerichtet, ob die Stadt in der Lage und bereit wäre, ein Haus zur Hineinlegung einer Unteroffizierschule zur Verfügung zu stellen. Nachdem der Magistrat in zusagendem Sinne geantwortet hatte, hat vor einigen Tagen ein Regierungsrat aus Detmold im Beisein des Lemgoer Oberbürgermeisters sämtliche in Frage kommenden Gebäude besichtigt und erklärt, am besten eigne sich für den Zweck ohne Frage die Knabenschule an der Echternstraße. Der Schulvorstand hat darauf am Sonnabend v[origer] W[oche] eine außerordentliche Sitzung abgehalten und einstimmig beschlossen, die Knabenschule für die Dauer des Krieges zu den genannten Zwecke zur Verfügung zu stellen. Zugleich das Lehrerkollegium beauftragt, über die anderweitige Unterbringung der betreffenden Klassen zu beraten. Das ist inzwischen geschehen, so daß wir folgendes mitteilen können: An der Bürgerschule sind zur Zeit zehn Lehrer tätig, welche, wie Fürstlichem Konsistorium bekannt ist, die vorhandenen 14 Klassen so unterrichten, daß 4 Klassen zu zweien zusammengelegt sind, während 2 weitere Klassen vertreten werden und die übrigen ihren eigenen Lehrer haben. Die Einrichtung hat sich bewährt, und die Lehrer Wendiggensen und Sauerländer haben erklärt, daß sie, falls fürstliches Konsistorium damit einverstanden ist, bereit sind, auch im Winter-Halbjahr die III. und IV. Klassen wieder zu vereinigen, da jede Klasse zusammen nur etwa 100 Schüler hat. […] Die 10 Lehrer können nun sämtlich in der Neuen Mädchenschule untergebracht werden, da außer den 8 vorhandenen Schulräumen der Zeichen- und Physiksaal als Klassenzimmer mit benutzt werden können. Solle, was wir nicht glauben, noch ein Raum nötig sein, dann würde uns ohne Frage der Schulvorstand von St. Johann-West sein eines für die Dauer des Krieges freistehendes Schulzimmer zur Benutzung überlassen. Wir bringen ja allerdings eine große Zahl von Klassen und Kindern in einem Schulhause und auf einem Schulhofe zusammen, aber der Zustand ist ja nur vorübergehend, und dann handelt es sich einmal um das deutsche Vaterland, und zum andern gewinnen wir vielleicht für unsere Vaterstadt die Unteroffizierschule als dauernde Einrichtung; denn wir glauben auch, annehmen zu dürfen, daß Militärbehörde und Regierung der Stadt die Schule auch nach dem Kriege lassen werden. Wir bitten nun fürstliches Konsistorium, unserem gefasten Beschlusse beizutreten und die geplante Einrichtung gutzuheißen zum Segen des Vaterlandes und der Stadt Lemgo.

Der Schulvorstand

An fürstliches Konsistorium in Detmold

Dies ist die Abschrift eines Schreibens des Schulvorstandes der Bürgerschule in Lemgo an das fürstliche Konsistorium in Detmold über die Einrichtung einer Unteroffizierschule im Schulgebäude an der Echternstraße in Lemgo. Die Hoffnungen der Lehrer auf eine längerfristige Ansiedlung einer Unteroffizierschule bewahrheiteten sich allerdings nicht. In der Stadtverordnetenversammlung vom 26. Oktober 1914 (vgl. StL A 503) wurde bereits vermerkt, dass die Unteroffizierschule endgültig nach Münster kommen sollte. Stattdessen bildete man eine Kommission aus Stadtverordneten und dem Magistrat. Die Kommission sollte sich um die Einquartierung von Militär nach Lemgo kümmern. Unterstützung fand dieses Vorhaben auch erneut durch die Lehrerschaft der Bürgerschule, die in einer Schulvorstandssitzung vom 3. November 1914 wieder die Unterbringung, zumindest eines Teiles der Soldaten, in der Knabenschule in der Echternstraße ab dem 15. November ins Spiel brachte. Die Lehrer erklärten, „im Interesse des Vaterlandes und der Bürgerschaft, die dadurch von einer Einquartierung befreit werden würde“ (StL A 2256 188r. u. vgl. 189r) zu handeln. Die Schule sollte nach dem Gebrauch durch das Militär wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt werden. Dies machte der Schulvorstand zur Bedingung für eine Zusage.

In der am 30.11.1914 stattgefundenen Stadtverordnetenversammlung ging Oberbürgermeister Höland in einer längeren Rede auf die bevorstehende Einquartierung ein und forderte die Bürgerschaft auf, größtes Entgegenkommen bei der Einquartierung zu zeigen, damit Lemgo in Zukunft dauerhaft Garnisonsstadt werden könne (vgl. StL A 503). Lemgo wurde Standort des II. Ersatz-Bataillons Infanterie Regiment 67 (kurz II/67). (Für das Folgende vgl. StL S 462 Standortchronik der Heeresstandortverwaltung Lemgo, mit Aufzeichnungen zur Geschichte der Garnison Lemgo) Zum 1. Dezember 1914 kamen zwei Kompanien des Ersatzdepots 67 nach Lemgo. Das Bataillon bestand aus 4 Kompagnien und einer später aufgestellten Verwundetenkompagnie. Offensichtlich reichten die Kapazitäten der Bürgerschule an der Echternstraße nicht aus, die kompletten Militäreinheiten aufzunehmen, wie die Lehrerschaft gehofft hatte, so dass man wieder auf Privatquartiere ausweichen musste. Dies war bereits in den Jahrhunderten zuvor geschehen, wenn Militär nach Lemgo verlegt werden sollte. Die Verwundetenkompagnie wurde im Schützenhaus untergebracht, die Küche mit der Küchenverwaltung in der Bürgerschule Echternstraße, der Stab und die Zahlmeisterei mit Bekleidungskammer im sog. Waisenhaus, ein weiterer Standort der Lemgoer Bürgerschule, und die Hauptwache des Bataillons im sog. Ballhaus am Marktplatz. Der Schützenplatz am Schützenhaus diente als Exerzierplatz und der Biesterberg wurde für Geländeübungen genutzt. In der früheren alten Töchterschule (vermutlich das Süsterhaus, heute Stadtarchiv) sollen sich Arrestzellen befunden haben. Das Bataillon pachtete etwa 22ha Ackerland an, das von den Soldaten in Eigenregie bewirtschaftet wurde. Die Offiziere speisten gemeinsam im Hotel Losch. Im Stadtbild zeigten sich die Soldaten bei Geländeübungen oder bei Vereidigungen auf dem Lemgoer Marktplatz.

In der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 14. Dezember 1914 wurde die Notwendigkeit begründet, Stadtpläne zu beschaffen, da diese von Soldaten der Garnison benötigt würden. Zum 22. April 1915 sollten dann weitere 778 Soldaten nach Lemgo verlegt werden. Die Gesamtstärke der Garnison betrug damit insgesamt 1878 Mann. Die Hoffnung, eine Garnison dauerhaft in Lemgo zu behalten, gab man in Lemgo offensichtlich noch nicht auf. In der Stadtverordnetenversammlung vom 16. Juni 1915 stellte der Stadtverordnetenvorsteher den Antrag, der Magistrat solle über diese Frage mit dem Preußischen Kriegsministerium verhandeln. Das Ergebnis muss jedoch negativ gewesen sein, denn am 23. November 1917 teilte der Bürgermeister, inzwischen Franz Möller, den Stadtverordneten mit, dass das Bataillon aufgelöst werden würde. Seine Bemühungen um den Erhalt des Garnisonsstandortes seien vergeblich gewesen. Über die Abschiedsfeier und die dabei gehaltenen Reden ist eine Abschrift aus den 1940er Jahren erhalten (vgl. hier Blatt 1, Blatt 2, Blatt 3, Blatt 4 der Abschrift). Der ursprüngliche Zeitungsartikel erschien am 2. Januar 1918 in der Lippischen Post. Der Kommandeur ging dabei auf die Rekrutenausbildung und die besonders guten Beziehungen zur Stadt und ihren Bürgern ein. Zum Abschied wurde ein Denkmal in Erinnerung an das Bataillon in Lemgo aufgestellt. Das Denkmal bestand aus vier Findlingsblöcken, die vom ehemaligen Exerzierplatz des Biesterberges heruntergebracht worden sein sollen. In einem der Findlinge ist das Eisenkreuz und darin die Nummer des Bataillons eingetragen.

Erst 1936 sollte Lemgo dann tatsächlich dauerhafter Standort einer Garnison werden, der Artillerie Beobachtungsabteilung B 6 und nach 1945 der britischen Besatzungsstreitkräfte bis 1993.

(Marcel Oeben, Stadtarchiv Lemgo)

Signatur: Stadtarchiv Lemgo, A 2256 186r – 187v. (Transkription); StL A 2256 188r. u. vgl. StL 2256 189r; StL A 503; StL S 462 Standortchronik der Heeresstandortverwaltung Lemgo

Kirche, Schule und Weltkrieg, 1914

Minden, 9. September 1914, Königliche Regierung, Abteilung für Kirche und Schulwesen Nr. 2287 II. N.M.:

Im Unterricht sind die Ereignisse unserer großen Zeit jedesmal mit den Schülern zu besprechen. Es ist ihnen von unserer gerechten Sache, von unserem festen Gottvertrauen, von deutscher treuer Pflichterfüllung und Opferwilligkeit, von deutschem Mut und deutscher Tapferkeit zu erzählen, damit sie in Herz und Gemüt zu gleichen Tugenden angeregt und begeistert werden. Vaterländische Gedichte und Lieder mögen den Unterricht wie die Spiele beleben und immer wieder vaterländische Begeisterung bei den jugendlichen Gemütern wecken und nähren.

Signatur: LkA EKvW 4.80 (Schule und Weltkrieg)