Feldpost von Rudolf Kisker mit Stoffbahn eines abgeschossenen französischen Flugzeugs

morane2 morane1 Textilstoff eines abgeschossenen französischen Jagdflugzeugs, 1916, mit Aufschrift:

Moran[e-Saulnier-N-]Kampf-Einsitzer. Abgesch[ossen] 9./3. [19]16 bei Ostaverne Durch L[eutnan]t Patheiger. Art[illerie] Fl[ie]g[er] Abt[ei]l[ung] 213

Flugzeug patheiger

Auf dem unteren Foto (undatiert, zweite Jahreshälfte 1915) ist u.a. ganz oben links der Pilot Patheiger zu sehen, der das französische Flugzeug abgeschossen hat, von dem die obigen Textilreste stammen. Des Weiteren sind zu sehen (von oben v.l.n.r.): Vizefeldwebel Neufeld, Oberleutnant Dohmen, Oberleutnant Seer (mit Hund „Schnaps“), Leutnant Pampe (mit Hund „Lux“), Leutnant Baerensprung (mit Hund „Stani“), Leutnant Stober (mit Hund „Flick“), Hauptmann Palmer, Leutnant Küppers, Leutnant Rudolf Kisker, Leutnant Wieland (mit Hund „Poschthörnle“), Oberleutnant vom Holtz (der als Beobachter zusammen mit Rudolf Kisker abgeschossen wurde und ebenfalls zu Tode kam), Leutnant Giese. Das obere Foto benennt mit „AEG“ die Herstellerfirma des Flugzeugs. Von den abgebildeten Personen ist ganz links Leutnant Wieland zu erkennen. Fünfter von links ist Hauptmann Palmer, zweiter von rechts wohl Leutnant Baerensprung. (Fotos: Kisker-Archiv).

Vgl. den Feldpostbrief von Rudolf Kisker an seine Mutter bzw. Eltern in Bielefeld (Link)

Signatur: Privatarchiv Familie Kisker (Bielefeld), Nr. 194 und Nr. 10019 (Fotos)

Dank an MattyBoy und Soderbaum vom Aerodrome Forum für Transkriptionskorrekturen!

Feldpostbrief von Rudolf Kisker, 20.10.1914

St. Marguerite südl. Comines. 20/10.[1914]

Liebe Eltern!

Heute morgen habe ich eine flüchtige Karte mit der Post mitgehen lassen.
Gestern schrieb ich zuletzt von südl[ich] Lille. Wir marschierten dann weiter durch Lille wo wir viele Truppen trafen, in deren Stellungen hier bei Comines unsere Kav[allerie] eingerückt war. Es war das 13. Korps welches wie es hiess bei Arras eingesetzt werden sollte. In Lille sah man das seltene Bild „Deutsche Inf[anterie] mit Regimentsmusik“. Sonst bot sich dasselbe Bild wie am Sonntag. Über Quesnay wurde weitermarschiert nach hier. Noch in später Nacht wurden die Wagen an den Handpferden der Esk[adron] herangezogen. Die Schützen lagen in den festen und sicheren Inf[anterie] Stellungen zwischen Comines und Warneton. Ich fuhr dorthin um meinen Herren etwas zu futtern zu bringen fand natürlich nur wachende Posten und schnarchende Leute in den Unterständen. Ich wollte bis zum Tag dort bleiben musste aber um 5 Uhr mit einem Befehl zurück. Es sollte ein allgemeiner Angriff mit Beginn des Tages stattfinden und nur von jeder Esk[adron] 4 Schützen in den Stellungen bleiben. Ich ging daher zurück trank im Quartier noch einen Morgenkaffee und sammelte dann die Wagen hier bei St. Marguerite.
Die Engl[änder] sollen von Westen auf Commines vorgestossen sein und dabei in die Arme der von Norden kommenden Korps und der von Süden angreifenden Kav[allerie] Divisionen und Jäger [?] gelaufen sein. Da wir aber bisher nur schwaches Gefecht hören, glaube ich, dass sie versucht haben in der Nacht durch kurz kehrt Rettung zu machen.

Eben kam ein Telegramm (man sagt Funkenspruch) dass die Russen durch die Oestreicher u. Perser [?] Schlappen erlitten hätten und dass mehrere englische U.Boote gesunken sein sollen. Auch seien einige deutsche Torpedos verloren gegangen.

Gestern hatte ich mit der Post Vaters Brief vom 13/9 mit Kurts und Mutters Einlagen und eine Wurst v. Mutter. Da war aber ein Schlemmeressen. Kommissbrod mit Butter u. westf[älischer] Wurst.

Heute wieder 50 Cigarillos u. von Hilde ein Paketchen mit Kniewärmern, Chokolade u.s.w. Ich schreibe Ihr gleich meinen Dank. Ich hätte nicht geglaubt, dass Hilde so viel für mich übrig hätte.

Von Siveke hörte ich eben, dass Vater bei Frau S. war und dass sie sehr erfreut über den Besuch gewesen war.
Mit dem Federhalter kann man überhaupt nicht mehr schreiben. Ich ergreife daher wieder den Bleipinsel.
Ich glaube dass all die angemeldeten Sendungen jetzt eingetroffen sind u. noch eintreffen. Wenn Ihr die durch die Ersatz-Eskadron angeforderten Ausrüstungsstücke
Mantel aus Mannschaftstuch mit grossen Taschen u. Kragen matte Knöpfe
Reithose u. Waffenrock aus Mannschaftstuch starkes Futter. Feldmütze
abschickt, so bitte ich auch eine meiner langen Hosen und ein Paar Zugstiefel beizulegen.
An den armen Günter Delius muss ich immer wieder denken. Aber für uns heisst es nicht rückwärts sondern nur im „Vorwärts“ schauen und auf eine baldige Beendigung des Ringens und einen ehrenvollen Frieden zu hoffen.

Alle Augenblicke werde ich gestört und finde keine Ruhe zum Schreiben. Ich schliesse daher mit herzl. Grüssen und einem Kuss für Euch Alle

Euer Sohn Rudolf

Quelle: Feldpostbrief 75, von Rudolf Kisker

Signatur: Privatarchiv Kisker, Nr. 189

Feldpostkarte von Rudolf Kisker, 11.10.1914

Aubers 11/10. [1914]

L[iebe] E[ltern]

Gestern marschierten wir über Carvin nach hier. Unterwegs begegneten wir vielen gefangenen Zivilisten, die hier eingekleidet werden sollten um eine neue Armee zu bilden. Angeblich sind etwa 10000 gefangen genommen worden. Hier in A[ubers] trafen wir erst um 5 Uhr morgens ein. Heute liegen wir schon (1/2 2 Uhr) den ganzen Tag hier und pflegen uns. Gefangenentransporte kommen noch dauernd durch. Alle Kirchen waren über Nacht von Gefangenen belegt.

Ich bitte bei Gelegenheit um ein Luntenfeuerzeug. Das Paket mit den Stiefeln habe ich bisher nicht erhalten. Post kam heute nicht.

Wenn wir so weiter nach Norden u. Westen ziehen, sind wir bald am Wasser. Die Pferde die über den Kanal schwimmen sollen sind bereits ausgesucht. Es geht mir sehr gut.

Herzl. Grüsse Rudolf.

Quelle: Feldpostkarte 73, von Rudolf Kisker

Signatur: Privatarchiv Kisker, Nr. 189

Aus dem Kriegstagebuch von Paul Vietmeier aus Brake, 18.9.1914

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Freitag, den 18/9.1914.

Liebste Mutter!

Gestern erhielt ich eine Karte & die Chocolade von Euch. Ich danke herzlich dafür. Ihr könntet mir wohl jede Woche eine Sendung ganz feingeschnittenen Check-Tabak schicken. Es gibt welchen in Blechdosen. Zu rauchen ist in Frankreich nämlich gar nichts zu kriegen. – Seid Sonntag wütet hier schon eine große Schlacht & war unser Regiment am 13. 14. & 15[.] ununterbrochen im Gefecht & hat auch unsere Kompagnie viel Leute verloren, die meisten Gott sei Dank nur leicht verwundet. Ich selbst habe eine Kugel durchs Kochgeschirr & eine durch den gerollten Mantel bekommen. Wie ich gestern schon schrieb, ist aus Brake von meiner Kompagnie Paula Meier ihr Bräutigam Steffen, Kampemeier von der Wiembeckerstraße & der Briefträger Strohmeier leicht verwundet. Solltet Ihr den Brief früher wie die Verlustliste vom Regiment bekommen, könnte es Johanne von den beiden ersten ja den Angehörigen mitteilen. Sie sind bestimmt nur ganz leicht verwundet – Bis Ende Oktober muß meine Lebensversicherung auch bezahlt werden. Der Agent wird schon eine Zahlkarte an meine Adresse schicken & wollt Ihr es dann bitte absenden. Solltest du viel Geld gebrauchen, so nimm nur ruhig meine Sparkassenbücher in Gebrauch. – Die Schlacht dauert noch an & wird es wohl die größte sein, die je Kulturvölker miteinander geschlagen haben. Aus der ersten Linie sind wir abgelöst & liegen in reserve, tag & Nacht draußen, mit gewehr im Arm, um sofort bereit zu sein. Es regnet augenblicklich viel. Am 9. voriger Woche habe ich mich zuletzt gewaschen & so geht es allen. Hoffentlich dauert die Schlacht nicht ehr zu lange, sonst möchten die Nerven doch versagen. ich könnte Euch Augenblicke beschreiben, daß Ihr vor Entsetzen weinen würdet. Aber das ist früh genug, wenn ich wiederkommen sollte. Wenn Ihr den Brief bekommt, wird die Schlacht wohl geschlagen & gewonnen sein & dann schreibe ich sofort, wie es mir geht.

herzliche Grüße an Fritz, Johanne & alle Bekannte & küßt Dich Dein tr[euer] Sohn Paul.

Quelle: Aus dem Kriegstagebuch von Paul Vietmeier, Brake

Signatur: Stadtarchiv Lemgo, Familiennachlass Depositum Vietmeier

Tagebuch Hermann Bornemann, 7.9.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 7.9.1914 (Ausschnitt)

Bienne les Happard, Montag den 7. September 1914

Wir konnten wieder in unser altes Quartier einrücken. 26 Stunden hatten wir marschiert. Zirka 48 km mit Ladung, marschiert auf schwierigen, bergigen Straßen. 2mal wurde die ganze Ladung umgeladen, auch eine nette Leistung. Auch waren die Wege alle sehr dreckig und zerfahren. Und der Dank? Ist Stank! Es ist gut, daß wir wissen, wir tun es für die Lieben daheim. Von 8 ½ bis 11 ½ durfte geschlafen werden im Stroh in den Ställen. Dann Pferde, Sattelzeug und Waffen putzen. ½ 3 Abmarsch. 20 Wagen mit Brot. Sie mußten noch 4 km weiter als gestern. Gottlob, wir können noch einige Stunden bleiben. Gestern kamen uns viel verwundete 39er entgegen. 8 ½ gab es gutes Abendbrot. Ich schrieb einige Karten. Gleich nach 10 Uhr mußten wir noch zum L[eutnan]t kommen. Sämtliche Unteroffiziere. Er teilte uns mit, daß Maubeuge heute erobert sei. 7 Generäle, 40.000 Gefangene und über 400 Geschütze. Gott sei Dank dafür! Der Kdr. spendierte dann noch eine Fla[sche] Wein für uns. Sein Benehmen in dieser Nacht scheint ihm schon leid zu tun.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 6.9.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 6.9.1914 (Ausschnitt)

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Biwack bei Bienne les Happard, Sonntag den 6. September 1914

5 Uhr wecken, Pferdepflege. ½ 7 Kaffee trinken. 9 ½ sollte Andacht sein. Wir werden heute wohl hier liegen bleiben und freuten uns sehr auf Ruhe und Schlaf. Diese Nacht war es sehr stürmisch geworden und kalt, und habe auch ich sehr gefroren nur im Mantel und ohne Decken. Die Woylachs [Satteldecken] müssen auf den Pferden bleiben und Schlafdecken haben wir keine. Doch der Mensch denkt, Gott lenkt! 8:15 kommt der Befehl: Fertig machen! Gleich darauf Abmarsch, wieder nach Bienne les Happard. Dort wurde das Mehl an die Bäckerei-Kol[onne] abgegeben und mehrere tausend Brote empfangen. Dann gleich weiter nach den Artilleriestellungen vor Maubeuge. Die Batterien haben heute ganz mächtig getroffen. Um 6 ½ waren wir zum Ausgang von Merbes-le-Chateau und sollten dort Biwack beziehen, weitere Befehle abwarten. Flott ging unsere Sektion ans Kartoffelschälen, welche hier in Menge standen. Bald hatten wir dann auch Kartoffeln und Specksause fertig. Eben hatten wir uns ein Lager gemacht, wozu wir Weizen- und Hafergarben eine ganze Strecke weit geholt hatten. als ein Auto kam und den Befehl zum sofortigen Abmarsch brachte. Wir marschierten dann noch 5 km bis zu den Stellungen der schweren Batterie. Merbes-le-Chateau ist fast ganz vernichtet, nur noch Ruinen. Ein trostloser Anblick. Als wir entladen haben, geht es zurück nach Bienne les Happard. Die Geschütze sind furchtbar am Rollen. Es wurde eine Fahrt mit Hindernissen für uns, da L[eutnan]t Puwelle sehr schlechter Laune. Die Leute hatten fast nichts gegessen. Nur ein kleines Stückchen Speck wurde ausgeteilt. Der K[omman]d[eu]r gebrauchte Ausdrücke und Titel für die Leute, welche ich in meiner aktiven Dienstzeit von keinem Vorgesetzten [gehört, E.M.] habe. ‚Schlage euch gleich ins Genick‘. ‚Diese Bande werde
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ich aufschwärzen.‘ ‚Sie sind wohl verrückt geworden!‘ u[nd] s[o] f[ort]. So etwas ist traurig, aber den hiesigen Wein kann nicht ein jeder vertragen. Die Fahrer mußten mehrere Kil[ometer] zu Fuß laufen, im Dunkel der Nacht, bei den schlechten Wegen. Um 6 ½ morgens kamen wir in Bienne les Happard an. Todmüde und hungrig, auch die Pferde sind abgetrieben zum Umfallen.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 5.9.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 5.9.1914 (Ausschnitt)

Bienne les Happard, den 5. September, Sonnabend

2 ¾ wecken. 3 ½ Abmarsch. Die ganze Kol[onne] über Lobes nach Beaumont zum Empfang. 10 ¼ dort. Tüchtige Steigungen, schönes Städtchen und ein uraltes Schloß. Alles liegt hoch am Berge. Vorige Nacht wurde Unt[er]off[i]z[ier] Große-Freese krank an Lungenentzündung, kam gleich ins Lazarett. Wir laden Mehl, Brot und Salz. Dann zurück. Sollen in der Nähe von Beaumont Biwack beziehen. Heute haben wir viele von unserer Artillerie geschossene Häuser gesehen. Einige Massengräber und überall Gräben und Schanzenwerke. 6 ½ sind wir wieder auf dem Biwackplatz. Kam[erad] Bergmann ging etwas weiter, um Kartoffeln auszuroden, da, ein Schuß und eine Kugel singt ihm am Kopfe vorbei. Er kam dann auch gleich zurück. 10 ½ legte ich mich auch in einem Wagen auf die Mehlsäcke. Bekam etwas Post. Es ist wieder recht kalt, aber herrlicher Mondschein. Unseren Esel verschenkten wir heute an eine andere Kol[onnen]. Er macht zuviel Lärm.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 3.9.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 3.9.1914 (Ausschnitt)

Biwack in Bienne les Happard, den 3. September 1914, Donnerstag

4 ¾ wecken. 6 ½ marschiert die HalbKol[onne] ab. Ich ließ mein und des K[omman]d[eur]s Pferd beschlagen. Unser Fahnenschmied meinte, dies wäre der Friedensbeschlag, wo ich mit nach Hause rücken würde. Hoffen wir das Beste; ich glaube nicht recht dran. Dieser Tage sagte L[eutnan]t Henrici [Hennerrici]: ‚Mein lieber B[ornemann], glauben Sie mir, der Krieg dauert länger als ein Jahr‘. Dies glaube ich nun aber auch nicht. Ich suchte dann noch mit Kam[erad] Kipp unseren Freund G. Friese bei der Kol[onne] 41, trafen ihn aber nicht. Kaufte mir einige Eier und etwas Milch. Zum Frühstück aß ich dann ein Spiegelei, mal etwas
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Neues. Zu Mittag gab es Rinderbraten, Bratkartoffeln und ein Glas Wein. Wir leben also zur Zeit wie die Fürsten. Nur wird die Sache doch allmählich langweilig, da wir nun einige Tage hier liegen. Die Kol[onne] brachte heute beim Einrücken einen Esel mit zum allgemeinen Gaudium. Auch sind dem K[omman]d[eu]r heute einige gebratene Tauben gestohlen, worüber derselbe mit Recht sehr ungehalten. Bisher hat ein jeder in den letzten Tagen noch satt essen können. Ein schöner Streich ist es nicht! Schrieb noch einige Karten an die Kinder. Um ½ 10 wieder unter den Wagen. Wetter schön.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 2.9.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 2.9.1914 (Ausschnitt)

Bienne les Happard, Mittwoch, den 2.September 1914

5 Uhr wecken. Löhnungsappell. Um ½ 7 ertönte plötzlich immer stärker werdenden Inf[anterie]-Feuer in der Nähe der Bäckerei Kol[onne], welche zirka 300 m[e]t[e]r von uns liegt. Es heißt, feindl[iche] Banden seien im Walde, um die Eisenbahn zu zerstören. Wurden aber von der Landw[ehr]-Inf[anterie] und den Kar[abiner]-Schützen des Train zurück geworfen. Einige wurden gefangen und sogleich standrechtlich erschossen. Die Kol[onne] mußte auch sofort fertig machen, zum Parkplatz, da noch weitere Angriffe erwartet wurden. Wir sollen nun auf dem Parkplatz biwackieren. Die halbe Kol. fährt heute Mehl. Mit Stockhecke, dem Offizierskoch und einigen Handwerkern baute ich dann noch das Offizierszelt auf. Um ½ 4 kamen unsere Wagen zurück, alle Wagen voll franz[ösische] Verwundete, schwere und leichte Verwundungen. Einige jammerten ganz entsetzlich. Wir reichten ihnen, was wir an Wein, Wasser und Brot hatten; dafür waren sie sehr dankbar. Lauter gesunde, stramme Leute. Die Kol. war bis an unsere Artilleriestellungen vor Maubeuge gewesen. Einige Einschläge in der Nähe. Vorn tobt noch immer eine furchtbare Kanonade. Zur Erinnerung an Sedan bekam heute jede Sektion 5 Fl[aschen] Wein vom K[omman]d[eu]r spendiert. Er war anscheinend
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guter Laune. Bis 11 Uhr wurde am Wachtfeuer gesungen, begleitet von Kam[erad] Kampmann mit einer gefundenen Handharmonika. Der spielte diese meisterhaft. Kam[erad] Kaspohl hielt dann noch eine ergreifende Ansprache nebst Andacht und Gebet, welches von uns mit Freuden unter dem Rollen unserer schweren Geschütze, nicht weit von uns, mitgesprochen wurde. Dann kroch auch ich mit Kam[erad] Landwehr und Eickhoff in einen Wagen. Bald klagte letzterer jedoch über gequetschte Beine, da der Raum für solch‘ drei lange Kerle ein wenig eng war. Ich zog es dann vor, im Woylach unter dem Wagen zu schlafen. Wie noch gesagt wurde, soll Paris von unseren Truppen eingeschlossen sein und wir hätten ein Ultimatum gestellt. Heute Abend machten wir noch einen kleinen Umzug vors Offizierszelt und ließen die Herren hochleben.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 31.8.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 31.8.1914 (Ausschnitt)

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Bienne les Happard, den 31. August 1914

5 bis 6 ½ Stalldienst. Von unseren Quartierleuten bekamen wir Kaffee und etwas Butter. Wir schenkten ihnen als Dank zwei von unseren Broten, da dieses den Leuten sehr knapp wird. Sie sind sehr alt; Geld nehmen sie nicht an. Dann schälte ich für die Sektion Kartoffeln, da alle anderen Leute fort sind. Unser Koch Friedrichsmeier revanchierte sich mit einem kleinen Frühstück. Unser Essen ist in den letzten Tagen gut und reichlich. Auch kann man etwas Milch kaufen. Ein Brief nach Hause. Noch immer keine Post erhalten in der ganzen Zeit. Die Kol[onne] schlachtete ein Schwein. Obst gibt es hier auch eine Menge. ½ 5 Mittag gegessen. Die halbe Kol[onne] hat heute nur entladen. In unserer Nähe schießt eine österreichische schwere Mörserbatterie, macht jedes Mal einen kollosalen [kolossalen] Krach. ½ 10 ins Stroh. L[eutnan]t Meier zur Hartlage hat für die Kol[onnen] 119 Fl[aschen] Wein requiriert von einem Gut hier in der Nähe. L[euntnant] Puwelle spendierte 3 Fl[aschen], weil wir den Wein abladen mußten. Auch sind in den letzten Tagen mehrere schöne Pferde für die Kol[onne] requiriert, da einige unserer alten eingegangen sind.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 30.8.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 30.8.1914 (Ausschnitt)

Bienne les Happard, den 30. August 1914

6 Uhr wecken. Die ganze Nacht ist furchtbar geschossen an der franz[ösischen] Grenze. Auch nun ist es ein Getöse sondergleichen. Die Ladung wurde nach einer Mühle gebracht. Ich blieb etwas zur Übung im Stalle. Unsere Mittagskost war heute sehr schön. 6 Uhr Appell mit Waffen und Munition. Anschließend Feldgottesdienst, Gesang ‚Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr‘. Lt. Henrici [Hennerrici] hielt eine kurze Andacht mit Gebet. In der Ferne grollt noch immer der Donner unserer schweren Geschütze. Wir labten uns dann noch mit einer Pfanne voll Bratkartoffeln. Eine Karte nach Hause, dann ins Stroh. Unser Parkplatz ist in einem Bauernhof. Die Pferde stehen in Scheunen; die Leute schlafen auch alle mit den Pferden im Stroh.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 29.8.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 29.8.1914 (Ausschnitt)

Biwack bei Binche, den 29. August 1914

5 Uhr auf. 7 ½ Abmarsch nach einen 7 ½ km entfernten Rittergut zum Empfang von Hafer und Weizen. Kollosales [Kolossales] Gut, Pferdeställe für einige hundert Tiere. Fanden schönen Weiß- und Rotwein vor, schmeckte köstlich.
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Mehrere 1000 Flaschen sind von einem Div[isions]-Stab, welcher hier liegt, beschlagnahmt. Ich blieb auf Wache bei den Off[iziers]pferden. Unendliche Mengen Korn sind hier aufgeschichtet, fünf Kornböden übereinander. Einige Hähne und Hühner mußten auch dran glauben und mit uns gehen. Hunderte liefen hier herum. ½ 6 Abmarsch nach Bienne les Happard [Bienne-lez-Happard]. ½ 10 trafen wir hier ein. Schell etwas Kartoffeln mit Soße und dann ins Stroh. Unsere Pferde stehen in einem leidlich guten Strohschuppen. Es ist streng verboten, etwas ohne Anweisung zu nehmen, da den Leuten schon viel genommen. Richtung Maubeuge schwerer Geschützkampf.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.