Tagebuch Hermann Bornemann, 8.9.1914

Bienne les Happard, Dienstag den 8. September 1914

7 Uhr wecken, sehr gut geschlafen und bin nun guter Dinge. Gestern abend hatte ich noch heftige Zahnschmerzen. Wusch dann meinen Drillichanzug. 3 ¼ antreten, Gefecht zu Fuß und marschieren. Dann Ruhe und Stall-[Seite 32]Dienst. Hier im Stalle liegt ein gemütliches Komplöttchen zusammen: Herr Wachtm[ei]st[e]r Müller, Gefreiter Kiewel [?], Büscher, Stockhecke, Höcker, Pollklas und ich. Alle guter Dinge. Auch die Quartierleute sind ganz nett. 9 ½ ins Bett.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 4.9.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 4.9.1914 (Ausschnitt)

Biwack bei Bienne les Happard, Freitag, den 4. September

4 ¾ wecken, bis 6 Uhr Pferdepflege. Bekam eine Karte von I. Borgstadt, von Mensendiek und auch Post von Haus. 7 Uhr Revision des Parkplatzes. Von 10 bis 11 ½ Ruhe. Der Kanonendonner ist noch ganz furchtbar. 2 Uhr Appell mit Verbandpäckchen und Erkennungsmarke, 2 ½ Pferdeappell. Auch heute reichliches und gutes Essen. Die Sektionen werden neu eingeteilt. 7 ½ erschienen in der Ferne Lichtsignale. Es mußte angenommen werden, es seien feindl[iche] Zeichen, und wurden sofort mehrere Patrouillen abgeschickt. Lt. Henrici [Hennerrici], Gend.-Wachtm. Müller, Unt[er]off[i]z[ier] Hartmann, Landwehr und ich ritten zusammen. Revidierten einige Häuser. Wachtm[eister] Müller kennt den Kram. In einem Hause wurde nicht geöffnet. Da schlugen wir die Türflügel ein. Essen stand noch warm auf dem Tisch, aber kein Mensch war zu finden. Wir gingen bis auf den Boden und in den Keller. Selbstredend den Kar[abiner] schußbereit.
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An der Bahn wurde ein Mann mit einem Sack angehalten. Er hatte nur etwas Kohlen gemaust. Wir ließen ihn laufen. Auf einem Gehöft waren 10 Zivilisten. Sie gaben sich als Erntearbeiter aus. Nachdem sie sich auswiesen, konnten sie wieder gehen. Von einem Bahnposten wurde einige Male geschossen. Er sagte uns, daß sich einige Leute am Geleise zu tun gemacht hätten. Wir durchsuchten auch hier die Häuser, doch konnten sich alle Leute ausweisen. Um 9 ½ sind wird zurück. Da es ziemlich kalt geworden, suchte ich ein Unterkommen in einer Scheune.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 31.8.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 31.8.1914 (Ausschnitt)

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Bienne les Happard, den 31. August 1914

5 bis 6 ½ Stalldienst. Von unseren Quartierleuten bekamen wir Kaffee und etwas Butter. Wir schenkten ihnen als Dank zwei von unseren Broten, da dieses den Leuten sehr knapp wird. Sie sind sehr alt; Geld nehmen sie nicht an. Dann schälte ich für die Sektion Kartoffeln, da alle anderen Leute fort sind. Unser Koch Friedrichsmeier revanchierte sich mit einem kleinen Frühstück. Unser Essen ist in den letzten Tagen gut und reichlich. Auch kann man etwas Milch kaufen. Ein Brief nach Hause. Noch immer keine Post erhalten in der ganzen Zeit. Die Kol[onne] schlachtete ein Schwein. Obst gibt es hier auch eine Menge. ½ 5 Mittag gegessen. Die halbe Kol[onne] hat heute nur entladen. In unserer Nähe schießt eine österreichische schwere Mörserbatterie, macht jedes Mal einen kollosalen [kolossalen] Krach. ½ 10 ins Stroh. L[eutnan]t Meier zur Hartlage hat für die Kol[onnen] 119 Fl[aschen] Wein requiriert von einem Gut hier in der Nähe. L[euntnant] Puwelle spendierte 3 Fl[aschen], weil wir den Wein abladen mußten. Auch sind in den letzten Tagen mehrere schöne Pferde für die Kol[onne] requiriert, da einige unserer alten eingegangen sind.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 29.8.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 29.8.1914 (Ausschnitt)

Biwack bei Binche, den 29. August 1914

5 Uhr auf. 7 ½ Abmarsch nach einen 7 ½ km entfernten Rittergut zum Empfang von Hafer und Weizen. Kollosales [Kolossales] Gut, Pferdeställe für einige hundert Tiere. Fanden schönen Weiß- und Rotwein vor, schmeckte köstlich.
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Mehrere 1000 Flaschen sind von einem Div[isions]-Stab, welcher hier liegt, beschlagnahmt. Ich blieb auf Wache bei den Off[iziers]pferden. Unendliche Mengen Korn sind hier aufgeschichtet, fünf Kornböden übereinander. Einige Hähne und Hühner mußten auch dran glauben und mit uns gehen. Hunderte liefen hier herum. ½ 6 Abmarsch nach Bienne les Happard [Bienne-lez-Happard]. ½ 10 trafen wir hier ein. Schell etwas Kartoffeln mit Soße und dann ins Stroh. Unsere Pferde stehen in einem leidlich guten Strohschuppen. Es ist streng verboten, etwas ohne Anweisung zu nehmen, da den Leuten schon viel genommen. Richtung Maubeuge schwerer Geschützkampf.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 28.8.1914

Ortsunterkunft bei Gosselies, den 28. August 1914

5 Uhr auf. Mein Magen ist nicht ganz in Ordnung; Erkältung, habe diese Nacht tüchtig gefroren. Nachdem Kaffee getrunken, ist ½ 8 Abmarsch. Auch hier noch viel Industrie, große Schutthalden. Die Frauen grüßen an, indem sie die Hand an den [Seite 23] Kopf legen. Kamen durch die Stadt Binche, 50.000 Einwohner. Lagen dann einige Stunden in einer Vorstadt. Das Fußart[illerie]-R[e]g[imen]t  7 und 4 marschierten an uns vorbei mit riesigen Geschützen und endlosen Mun[itions]-Kol[onnen].  Einige Leute von uns hatten in einer verlassenen Wirtschaft eine große Spieluhr entdeckt. Diese mußte nun herhalten. Nach zwei Stunden Rast ging es weiter an zwei Feldlazaretten vorbei. Alles voller Verwundete, auch Franzosen und Belgier. ½ 7 ins Biwack auf einem Roggenacker. Hier liegen 4 Kol[onnen], 210 Fuhrwerke und 580 Pferde. Riesiger Wagenpark. 5 km von hier sind die Regimenter 15 und 55 überfallen. Viel Tote und Verwundeten. Etliche liegen hier im Feldlazarett. Das Dorf ist daraufhin total zerstört. Die Frauen und Kinde kamen uns mit wenigen Sachen entgegen, kollosal verängstigt.  Auch liegen hier 50 franz[ösische] Gefangene und 16 Leichenfledderer, welche zum Teil aus hiesigem Orte sind. Da nun befürchtet wird, daß diese in der Nacht befreit werden sollen, muß verschärfte Wache gestellt werden. Dann gings in die Wagen, nachdem noch viele liebe Heimatslieder am Feuer gesungen waren. Es regnet und ist kalt. Parole: ‚Düsseldorf‘.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 27.8.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 27.8.1914 (Ausschnitt)

Gosselies, Emaillefabrik, den 27. August 1914

5 Uhr wecken, Pferdepflege. Eigenartige Latrinen sind hier auf dem Werk, ohne Sitz, nur für die Füße ein eiserner Schuh, wo man sich hineinstellt. Sah solches noch nicht mehr. 10 Uhr Waffenappell. Ich half Kam[erad] Requard, Waffenunt[ero]ff[i]z[ier] etwas bei Anlegen der Listen. Der K[omman]d[eu]r ist wieder sehr ungnädig. Viel freundliche Worte hört man nie von demselben. Er will alles einsperren. Vizew[achtmeister] Erpenbeck macht hier in einer Portierbude eine kleine Arreststrafe ab. [Seite 22]
Anscheinend wird solches manch‘ anderem Kameraden noch blühen. Um ½ 1 kamen hier zwei Stück 42-cm-Geschütze durch, welche von 13 großen Zugmaschinen gezogen wurden. Alle Wagen hatten Teile der Riesengeschütze geladen. Jede Maschine zog zwei bis drei Wagen. Die Straßen sind furchtbar gesunken und die Pflastersteine von dem Gewicht entzwei. Eine Karte nach Hause. Vormittags Regen; 3 ¼ Abmarsch. Ein Bergwerk reiht sich hier ans andere, alles dicht bevölkert. Die Städte sind eine in die andere verbaut; man sieht keine Lücke. Leute alle sehr anständig. Hier in der Nähe ist am 24. eine größere Schlacht gewesen. Unsere 22. Artillerie soll furchtbare Verluste gehabt haben. Fast alles Kopfschüsse. Mehrere große Massengräber. Gegen Abend wurde in einer Farm entladen. Das Entladen dauerte sehr lange, da nur einzelne Wagen entladen konnten; die zwei Kol[onnen] entluden von ½ 9 abends bis nachts ½ 3. Ich quartierte mich während der Zeit mit den Offizierspferden im Dorf in einem Zementlager ein. Nach dem Entladen gab es warmes Essen. Wenig Hunger, da zu müde. Dann  verbarrikadieren wir den Stall und kriechen ins Stroh. Auch die anderen Fahrer und Unt[ero]ff[i]z[iere] suchen sich noch eine Unterkunft so gut es eben geht. Parole heute: ‚Detmold‘.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 26.8.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 26.8.1914 (Ausschnitt)

Biwack bei Grenbloux, den 26. August 1914

Heute schlecht geschlafen und ziemlich gefroren. 5 Uhr wecken, satteln und fertig [Seite 21] machen. Wasser ist hier sehr sparsam. ½ 12 Uhr erst Abmarsch. Bald treffen wir auf eine Abteilung Artillerie mit 32 erbeuteten Geschützen aus Namur. Auch einige Fahnen, Trommeln und Musikinstrumente führen sie mit sich. Dann durch mehrere Städte; die Bewohner sind sehr freundlich. Das 7. RAK  [Reserve Armeekorps] marschiert nun anscheinend Richtung Maubeuge. In einigen Dörfern reichen die Bewohner Pflaumen, Birnen und Milch. Ich hatte auch meine Packtasche voll; L[eutnan]t Puwelle nimm keine. Er warnt mich, keine zu essen wegen Vergiftung. Ich lasse sie mir gut schmecken und bot einmal dem K[omman]d[eu]r eine Kostprobe von mir an. Bei dieser Hitze schmecken sie ausgezeichnet und sind uns allen gut bekommen. ½ 5 kamen wir in Gosselies an, mächtige Fabriken. Wir kamen in ein mächtiges Emaillewerke zu liegen; alle Säle sind bis oben hin voll Geschirr aller Art. Kochen uns ein gutes Abendbrot; Rindfleisch und Kartoffeln. Unser Sektionskoch, Friedrichsmeier aus Lage, ist ein Meister in dieser Hinsicht. 10 Uhr kroch auch ich eine Stelle aus Stroh.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 25.8.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 25.8.1914 (Auszug)

Waldheim St. Georg, den 25. August 1914

5½ auf. Pferde pflegen. Sattelzeug und Waffen putzen. Kurze Kaffeepause. Wir schlachteten ein Rind für die Kol[onne]. Sektionen erhalten für zwei Tage Fleisch. Der Besitzer regt sich auf, daß wir etwas Holz verbrauchen. Von unserem [Seite 20] K[omman]d[eu]r erhält er Recht. Wir müssen uns Holz suchen, trotzdem auf dem Hofe alle Schuppen voll sind. Für Futtermittel erhalten die Leute stets Bons in angemessenem Betrage. Abmarsch nach Grenbloux [richtig: Gembloux]. Vor dem Bahnübergang kommen die ersten 4.000 Belgier an uns vorbei aus Namur. Lauter bunte Gestalten, alt und jung. Ein Gefangener wurde von seiner Frau begrüßt, ergreifende Bilder. Geführt wurden die Gefangenen von Gendarmerie und Garde-Inf[anterie]. Wir marschieren weiter, nachdem an einem Depot wieder alles  beladen hat. Zirka 200 Turkos [Schimpfwort für nordafrikanische Soldaten in der französischen Armee] und Zuawen [Nordafrikanische Soldaten. Die Bezeichnung geht auf den Namen eines kabylischen Stammes aus dem Atlasgebirge zurück.] kommen uns dann noch entgegen. Buntes Bild, die meisten verwundet. Riesenhafte Gestalten waren dazwischen. Dann eine lange Reihe Wagen mit deutschen Verwundeten. Viele Kopfschüsse und Armwunden. Im Dunkelwerden fuhren wir auf einer Wiese auf zum Biwack beziehen. Die halbe Kol[onne] ist noch zurück zu Laden. Es ist ziemlich kalt und regnet etwas. Namur ist heute Mittag gefallen. Vor einigen Tagen ist Unt[ero]ff[i]z[ier] Hausmann zum etatsm[äßigen] Wachtmeister befördert. Wachtm[eister] Erpenbeck ist Vize[feld]w[ebel]. Vorgenannter ist aktiv vom Tr[ain]-B[a]t[ail]l[on] 7, ziemlich jung, 24 Jahre alt, hat also Glück gehabt. Na, ich gönne es ihm. Bislang kann man noch nicht drüber klagen. San[itäts]-Gefr[eiter] Braun, welcher von Detmold aus schon mit Tressen antrat, ist zum Unt[ero]ff[i]z[ier]. befördert. Lege mich dann auf einen Wagen, welcher mit Hafer geladen ist; hartes Lager.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 24.8.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 24.8.1914

Biwack bei Ernage vor Namur, den 24. August 1914

5 Uhr auf. Kaffee trinken, tränken, füttern. Dann die Ladung abgeben an die Inf[anterie] und Artillerie. Vorn, nicht weit von uns, ist eine wüste Schießerei im Gange. 12 Uhr Abmarsch zum neuen Etappenplatz. 12 Uhr halt, abkochen und essen. Schmeckt tadellos. Die Reste des Essens verteilen wir an die Einwohner. ½ 5 weiter nach Waldheim St. Georg. Massenquartier auf einem Gute. Besitzer heißt Joseph Bargeville. Ich liege bei den Offizierspferden. Ging mit Wachtm[eister] Müller zum Rekognozieren [Erkunden].  Abends auf einen Heuboden über eine senkrechte Leiter; war eine tolle Kletterei. Eine Unmenge Tauben sind hier noch auf jedem Gehöft. Der Besitzer pflegt die Offiziere gut, damit die Mannschaften keine Ausschreitungen begehen. Bald liegt alles im Schlummer.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 22.8.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 22.8.1914 (Ausschnitt)

Schloß Le Usine Mechelin, den 22. August 1914

4 ½ Uhr wecken, 5 ¾ Abmarsch nach Wavre über mehrere Dörfer. Hier sind wieder mehr Berge und Steigungen. ½ 11 Uhr in Wavre. Von weitem sehen wir schon, daß der Ort brennt. Wir können wegen der Hitze von den brennenden Häusern fast nicht die Straßen fahren, die Pferde wollen nicht voran. In der vergangenen Nacht sind unsere Truppen von den Einwohnern beschossen, man spricht von 15 bis 19 Toten. 1 Off[i]z[ier], 20 Mann seien verwundet. Die Leute schossen aus den Kellern und von den Dächern. Soeben ist unsere Infanterie dran, den ganzen Stadtteil in Brand zu stecken. All die schönen Gebäude und herrlichen Möbel. Viele Bewohner sahen wir mit einigen Habseligkeiten in die Berge ziehen. Wir halten erst. Die Kar[abiner]schützen müssen noch voran. In einem Hause reicht uns eine Dame eine Menge riesenhafter Weintrauben; solche Früchte sah und aß ich noch nie. Auch geben die Leute in ihrer Angst uns Bonbons, Butterbrot und mehr. Unser Lt. nimmt einige alte Leute in Schutz gegen die Infanterie. Viele von ihnen sind anscheinend betrunken. Die Häuser, welche noch nicht brennen, hängen weiße Tücher raus. Wir marschieren auf dem Marktplatz auf. In einem brennenden Kaufhause wird viel Wäsche von unserer Leuten requiriert. Auch ich bekomme zwei Hemden ab. Um ½ 1 marschieren wir weiter. Auch die anderen Truppen setzen sich in Marsch. Es ist doch [Seite 18] ein trostloser Anblick, die schönen 3- bis 4-stöckigen Häuser so verwüstet zu sehen. Bald ist eine mehrstündige Rast: Abkochen, füttern und tränken. Wie eben das Essen fertig ist, wird angefahren, die Kochapparate an den Wagen hängen und weiter. Später soll gegessen werden. Kommen an einer großen Rennbahn vorbei. In Charbey [Ortsname unklar] wird Biwack bezogen und um ½ 1 Uhr des Nachts gegessen. Begebe mich dann auch in einem Wagen auf Nachtruhe, unbequemes Lager, schlafe aber bald ein. Das brennende Städtchen steht noch vor meinen Augen. Das Pferd ‚Hexe‘ vom K[omman]d[eu]r pflege ich nun immer mit.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 21.8.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 21.8.1914 (Ausschnitt)

Biwack auf der Straße bei Langen, Richtung Brüssel, den 21. August

½ 5 wecken, Kaffee kochen, Pferde tränken. Haben alle guten Hunger. Durch [Seite 16] kollosalen Staub gestern sehen alle, Menschen und Pferde, grau und verdreckt aus. Wir reinigen uns erst einmal persönlich an einem Loch. Einige Flieger ziehen über uns weg. Die Kaffeebohnen wurden heil gekocht heute Morgen, da keine Mühle zu haben war. Schmeckte nicht gut, doch es ging, das Wasser war ja heiß. Der Chef ist recht schlechter Laune, hat schon viele Leute angestaucht. Ein Kalb wir[d] geschlachtet, einige Kartoffeln sind auch bald gefunden und ½ 1 ist ein gutes Essen fertig. Liegen bis ½ 2 still und gestern dieser kolossale Marsch. 2 Uhr Abmarsch Richtung Brüssel. Schreibe erst noch zwei Karten. Die Feldpost treffen wir wohl mal; dann werden wir die Sachen los. Kommen an einem brennenden Gehöft vorbei; einige tote Pferde liegen dort. Passieren noch einige schöne Dörfer und Städte. Leider hat keine eine Karte; man weiß nicht, wie die Ortschaften heißen. Beziehen in einem herrlichen Schloß Massenquartier; ich mit den Pferden im Marstall. Wunderbar eingerichtet. Richtiger Park. In einer Geschirrkammer ganze Haufen Sattelzeug. Starke Sicherung, da in dem Nachbargehöft in voriger Nacht eine Husaren-Patrouille hingeschlachtet ist. Auch dieses Gebäude brennt noch. Die ganze Familie ist erschossen. Heute die Gräber im Garten gesehen. Dies Schloß und Dorf heißt Le Usine Mechelin. Wetter war heute schön; die Straßen sind mit mächtigen Bäumen bestanden, vier Reihen. Überall große Landgüter und Schlösser. Viel Vieh läuft hier herrenlos herum. Ich lege mich im Stalle schlafen. Einige Infanteristen [Seite 17] schlafen auch hier; jeder die Waffe zur Hand.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.

Tagebuch Hermann Bornemann, 20.8.1914

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Tagebuch Hermann Bornemann, 20.8.1914 (Ausschnitt)

Brauerei Hamoul [vermutlich Hognoul oder Hannut], den 20. August 1914

½ 5 wecken, 7 ½ Abmarsch. Schöne Gegend, breite Straßen. Viel Getreide und Zuckerrüben; auch große Flächen Luzerne und Klee. Saubere Häuser;  Leute auch anscheinend besser gesinnt als in Lüttich. Sie grüßen fast alle. Großer Verkehr der schweren Lastautos. Von ½ 11 ab ziemlich anstrengender [Seite 15] Marsch sämtlicher Kolonnen durch 4 – 5 Dörfer ziemlicher Größe. Viel Ziegeleien, alles aber Feldbrand. Abends ziemlich schlechte Wege. Das Reitpferd von Unt[ero]ff[i]iz[ier] Vorderbrügge fohlt ab. Im Dorf Langen [Landen] kurzer Halt. Ich kaufe einige Taschentücher; hier ist noch alles bewohnt. Wir marschieren bis 11 Uhr, es ist schon stockdunkel. Kein Licht darf gemacht werden. Endlich halt; nun sind wir wieder auf einer großen Straße. Einige Wagen hatten sich in den elenden Wegen festgefahren und müssen noch gebracht werden. Ein paarmal reißt die Kol[onne] ab und war es schwer, wieder anzuschließen in der Finsternis. Alles muß alarmbereit bleiben, da feindl[iche] Infanterie und Freibeutertrupps hier in der Gegend ihr Unwesen treiben sollen. Es ist ziemlich kalt. Von 2 bis 4 bin ich mit auf Wache, auch Lt. Hennerici [Hennerrici] ist mit draußen und kontrolliert die Leute. Alles bleibt jedoch still. Nur die Artillerie ist am Reden weiter vor uns. Gegen Morgen fängt es an zu regnen; es ist ungemütlich. L[eutnan]t Puwelle spendierte mir ein Butterbrot, sonst war er aber schlechter Laune. Unser Essen ist recht sparsam, die Leute aber doch guter Dinge; nur werden die Leistungen der Mannschaften wenig anerkannt. Heute hat es den ganzen Tag kein Essen  gegeben, auch keine Zeit, um etwas Kaffee kochen zu können.

Quelle: Tagebuch von Hermann Bornemann (Herford). Privatbesitz. Leihgabe an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz.